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20. September 2022

Teilhabe im Alter – die obw Tagesstätte 60 plus

Teilhabe im Alter – die obw Tagesstätte 60 plus

Ist man glücklicher, wenn man im Alter nicht alleine ist? Wie kann Teilhabe im Alter aussehen? Und wie können Übergänge vom Berufsleben in den Renteneintritt stressfrei gestaltet werden?

Das sind ziemlich wichtige Fragen. Unsere Gesellschaft hat für sie jedoch keine Pauschallösung. Wie gut das „Annehmen“ der neuen Lebensphase nach der Erwerbstätigkeit gelingt, hängt von vielen Faktoren ab: Gesundheit, soziale Teilhabe, aktive Freizeitgestaltung, sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten.

Einen Großteil dieser Rahmenbedingungen erfüllt unsere obw Tagesstätte 60 plus. Sie besteht seit über 10 Jahren und war damals bundesweit in unserer Branche ein Vorreiter: Als WfbM (Werkstatt für behinderte Menschen) eröffnete die obw 2011 die Tagesstätte 60 plus für Menschen mit Beeinträchtigung in Emden.

Zu diesem Zeitpunkt gab es die obw bereits 47 Jahre. Die ersten Mitarbeiter*innen erreichten das Rentenalter. Die Frage, wie man sinnvolle „Übergangsprozesse“ vom Erwerbsleben in den Ruhestand gestaltet und wie man dabei die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigung berücksichtigen kann, war die Ausgangssituation bei der Entstehung dieses neuen Angebotes.

So sieht unsere Tagesstätte 60 plus von außen aus - ein modernes Gebäude, das viel Licht reinlässt.

Tagesstruktur, Aktivität, Gemeinschaft – und individuelle Bedürfnisse

Die Tagesstätte 60 plus ist ein Treffpunkt für Menschen mit Beeinträchtigung nach dem Erwerbsleben. Dort erwarten sie nicht nur vertraute Gesichter ehemaliger Kolleg*innen, sondern Tagesstruktur, Begegnung, Austausch, Aktivität, Unterstützung und vertraute Bezugspersonen.

Von Montag bis Freitag, jeweils von 7:30 Uhr bis 15:45 Uhr, ist die Tagesstätte geöffnet. Die Nutzer*innen kommen morgens selbst zur Tagesstätte oder nutzen unseren obw-Fahrdienst. Der Morgen-Kaffee ist die erste Begegnung des Tages. Für alle, die sich hier treffen, ist es ein festes Ritual, das auch zum Smalltalk genutzt wird. Um kurz nach 9 Uhr gibt es dann ein gemeinsames Frühstück und ab 10:30 Uhr wird ein täglich wechselndes Aktiv-, Erlebnis- oder Kulturprogramm angeboten – hier ein Auszug:

  • Montag: Sportgruppe
  • Dienstag: Tanzen mit einem professionellen Tanzlehrer
  • Mittwoch: Musikgruppe (mit Gitarre oder Trommeln)
  • Donnerstag: Loquarder Handörgler – Heimatmusik
  • Freitag: Kino oder Andacht mit Pastor Miege aus Borssum

Dazu gibt es die Möglichkeit der individuellen Beschäftigung oder eines Spaziergangs, der auch täglich angeboten wird.

Das Teilhabe-Angebot für Menschen mit Beeinträchtigung im höheren Alter ist vielseitig: Hier wird gerade gekegelt

Teilhabe: Mitmachen und gebraucht werden

Wer gerne kocht oder in der Küche hilft, hat hierzu ebenfalls die Gelegenheit. Mit Äpfel- oder Kartoffel schälen bleiben die Hände in Bewegung und man bereitet im Team das Mittagessen zu. Denn mindestens einmal pro Woche wird selbst vor Ort gekocht. Manchmal auch öfters, verrät Hinrich Bruns-de Ridder, der Leiter der Tagesstätte 60 plus: „Das handhaben wir ganz flexibel und nach den Wünschen unserer Nutzer*innen. Wenn nicht selbst gekocht wird, kommt das Essen von einem Catering-Unternehmen. Wenn wir selbst kochen, dann natürlich gerne ostfriesische Hausmannskost. Das mögen die Leute!“

Mittagessen gibt es übrigens immer um 12 Uhr. Feste Zeiten sind wichtig für Routinen. Denn diese sind notwendig für einen strukturierten Tagesablauf, der zur Orientierung beiträgt.

Neben Beschäftigung in der Küche, bei der Zubereitung des Mittagessens oder beim Backen, gibt es noch zahlreiche weitere Aufgaben, die von den Nutzer*innen mit Leidenschaft ausgeführt werden: Tische eindecken, Wäsche falten oder bügeln, den Hof fegen, Unkraut jäten, Blumen pflanzen und gießen. Das Ergebnis: Man hat zu etwas beigetragen, man fühlt sich nützlich und verantwortlich – ein gutes Gefühl, gebraucht zu werden.

Am Nachmittag wird es etwas ruhiger. Einige Nutzer*innen verabschieden sich nach dem Mittagessen, andere ruhen sich in der Tagesstätte aus. Auf Wunsch begleitet jemand aus dem Team den/die Nutzer*in bei persönlichen Erledigungen – z. B. beim Einkaufen.

In der obw Tagesstätte 60 plus können sich Menschen begegnen und ihre Freizeit gestalten

Das Ende des Tages läutet der Nachmittagskaffee bzw. Tee um 14:30 Uhr ein. Hier kommen noch einmal alle zusammen und lassen den Tag Revue passieren, bevor sie nach Hause gehen oder gefahren werden.

Übrigens: Auch außerhalb der Tagesstätte gibt es immer wieder viel zu erleben – bei gemeinsamen Tagesausflügen, z. B. zum Fischessen nach Ditzum oder beim Spaziergang an der Knock. Auch Grillen und Picknicken sind sehr beliebte Abwechslungen bei den Nutzer*innen.

Ein inklusives Team mit tierischer Unterstützung

Zum „Stamm-Team“ zählen vier bis fünf Kolleg*innen mit und ohne Beeinträchtigung – ein inklusives Team, das sich mit viel Empathie, Umsicht und Professionalität um die Nutzer*innen kümmert. Es besteht aus Altenpfleger*innen, Heilerziehungspfleger*innen, Erzieher*innen, Ergotherapeut*innen und Pflegeassistent*innen. Unterstützt wird das Team von zwei FSJ’lern und zwei Heilerziehungspflegeschüler*innen – und ganz neu im Team: Mailo, die Labrador-Husky-Hündin von Anna, einer erfahrenen Altenpflegerin im „Stamm-Team“.

Mailo kommt eine besondere Rolle zu. Durch den Kontakt zum Tier, ergeben sich für die Nutzer*innen positive Effekte: Berührung, Wärme, Kommunikation. Anna, das Frauchen von Mailo, erzählt von einer Nutzerin mit Korsakow-Syndrom. Diese Frau war aufgrund ihrer Erkrankung stark in sich gekehrt und reagierte kaum auf äußere Reize. „Durch den Kontakt zu Mailo strahlt sie jetzt übers ganze Gesicht“, beobachten Anna und ihre Kolleg*innen. Es ist erstaunlich, welche positive Auswirkungen der Mensch-/Tierkontakt, auch gerade bei älteren Menschen, haben kann. Mailo jedenfalls hat die Probezeit längst erfolgreich absolviert und ist fester Bestandteil des Teams sowie „Liebling“ der allermeisten Nutzer*innen geworden.

Tagesstätte 60 plus testen

Wer sich noch nicht sicher ist, ob die Tagesstätte 60 plus der richtige Ort und das richtige Angebot nach dem „Werkstattleben“ ist, kann dies herausfinden. Dazu nimmt er/sie ganz unverbindlich am Tagesstätten-Alltag teil. Mitarbeiter*innen aus den obw-Werkstätten können sich bei Fragen hierzu an den jeweils zuständigen Sozialdienst wenden. Grundsätzlich steht das Angebot allen Menschen mit Beeinträchtigung zur Verfügung.

Menschen mit Beeinträchtogung können auch im Alter Teilhabe erleben und individuell oder gemeinschaftlich ihre Zeit gestalten

Aufgrund der steigenden Lebenserwartung und auch der steigenden Nachfrage unseres Angebotes, stoßen wir bereits heute oft an unsere Kapazitätsgrenzen.

Es ist sicherlich auch eine Gesellschaftsaufgabe, ausreichend Angebote vorzuhalten, die für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung ein würdevolles Altern ermöglichen. Gerade weil unsere Lebenserwartung heute sehr viel höher ist, müssen wir uns Gedanken machen, wie wir die vorhandene Leistungsfähigkeit (geistig/körperlich) bestmöglich erhalten und Abbauprozesse vorbeugen oder begleiten. Und wie wir Einsamkeit im Alter und auch Altersdepressionen verhindern oder mindern. Und auch wie Menschen mit Demenz weiterhin am Leben in der Gesellschaft teilhaben können.

Dafür leistet unser Team aus der Tagesstätte 60 plus wertvolle Arbeit und gibt sein Bestes – jeden Tag aufs Neue. Herzlichen Dank für euer Engagement in dieser wichtigen Aufgabe!