Eine zukunftsfähige Tischlerei, die Teilhabe ermöglicht
Eine zukunftsfähige Tischlerei, die Teilhabe ermöglicht
Beim Durchblättern einer alten Jubiläumsbroschüre aus 2004 (damals feierte die obw ihren 40. Geburtstag) befindet man sich auf einer Zeitreise, ist beeindruckt, wie sich die obw in vier Jahrzehnten entwickelt hat. Heute, fast 20 Jahre später, können wir von vielen Weiter- und auch Neuentwicklungen erzählen. Ein Beispiel dafür ist unsere Tischlerei.
Seit Jahrzehnten wird bei der obw mit dem Werkstoff Holz in Tischler-Werkstätten gearbeitet. Seitdem haben sich die Arbeiten, die Aufträge und die Kunden geändert. Der Wandel und die Neuausrichtung haben gute Gründe.
Zukunftsfähig – was heißt das für Werkstattbereiche wie z. B. der obw Tischlerei?
Seit gut 5 Jahren gibt es die „neue“ obw Tischlerei – direkt am Stadtwald in Emden. Die Tischlerei ist heute auf Industriekunden ausgerichtet. Mit den neuen räumlichen und technischen Rahmenbedingungen können nunmehr wichtige Aufträge von Industriekunden angenommen und standardisiert in höchster Qualität durchgeführt werden. Das ermöglicht weit mehr Werkstattarbeitsplätze für Menschen mit Beeinträchtigung als in früheren Jahren. In dieser Zeit war die Tischlerei eher eine Handwerkstischlerei.
Arbeiten in einer Werkstatt – was bedeutet das für Menschen mit Beeinträchtigung?
Ein Arbeitsplatz in einer Werkstatt ermöglicht bzw. bedeutet
- eine sinnvolle Beschäftigung, angepasst an die individuellen Möglichkeiten der/des Einzelnen
- Tagesstruktur, Rahmen, Orientierung
- Gemeinschaft, Teamarbeit, Mitglied
- Gebrauchtwerden, einen Beitrag leisten, Anerkennung
- Neues Lernen, Potenziale entdecken, Weiterentwicklung
= Teilhabe am Arbeitsleben.
Das Team der obw Tischlerei
Im Schnitt arbeiten 30 bis 35 Frauen und Männer im Alter von 18 bis zum Rentenalter in der obw Tischlerei. Vermutet man einen geringen Anteil Frauen, liegt man richtig und ist doch erstaunt: Bis vor wenigen Jahren lag der Anteil der Frauen bei ca. 1–2 % und heute immerhin bei ca. 15 %!
Angeleitet, begleitet und individuell unterstützt wird das Team von zwei Fachkräften aus dem Tischlereihandwerk mit gFAB-Ausbildung (geprüfte Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung) sowie von einem weiteren Tischler und natürlich der Tischlerei-Leitung, Klaas Röttger, der seit über 20 Jahren bei der obw arbeitet. Zum Team gehören auch zwei „FSJler“ und 4 bis 7 junge Menschen aus dem Berufsbildungsbereich (BBB). Zum BBB erfährst du in Kürze mehr in einem eigenen Blog.
Technische und personelle Ausstattung
Sieht man sich in der Tischlerei um, fallen unter anderem einige große Maschinen und sonstige technische Ausrüstung, die hier zum Einsatz kommen, ins Auge:
- zwei CNC Bearbeitungszentren (hier werden Platten und Konturteile wie Bodenklappen, Podestklappen, Seitenteile von Bienenkästen etc. gefräst)
- eine Plattensäge (Computergestützt)
- Kreissägen
- Schleifmaschinen
- Hobelmaschinen
- Säulen-Bohrmaschinen
- Lasercutter
Sicherlich kannst du dir vorstellen, dass das kein leiser Arbeitsplatz ist. Deshalb gehört zur sogenannten PSA (Persönliche Schutzausrüstung) in erster Linie Gehörschutz sowie Sicherheitsschuhe und Schutzbrillen an bestimmten Maschinen. Arbeitshosen und -jacken werden zur Verfügung gestellt und auch innerhalb des Hauses gereinigt – in der obw-Wäscherei. Auch über die obw-Wäscherei erfährst du demnächst in einem eigenen Blog mehr.
Gut ausgestattet warten folgende Aufträge auf das Team der obw Tischlerei
In erster Linie produziert die Tischlerei für Industrie-Kunden. Ein ganz erfolgreiches Beispiel hierfür ist die langjährige Zusammenarbeit mit einem Sauna-Hersteller. Hier fertigt das Tischlerei-Team die Türgriffe für die Sauna sowie weitere Produkte für die Saunakabine.
Ein junges, aber auch sehr erfolgreiches Beispiel ist die Produktion der „easyBeeBox“. Die könntest du schon einmal im Fernsehen gesehen haben. Hier geht es um naturähnliche Bienenhaltung und die Produktion von Bienenkästen. Schau dir doch bei Interesse einmal an, was wir hier in Emden für Imker in ganz Deutschland herstellen: „Die OBW Emden stellt sich vor – easyBeeBox“
Die „Formklötze“ aus der obw Tischlerei sind kleine rechteckige Klötze aus Press-Span, die zur Stabilisation von Kraftfahrzeugen in Übersee-Containern dienen. So gehen die Formklötze von Emden in die ganze Welt. Gut 100.000 Stück pro Jahr stellt die Tischlerei her.
Neben Verpackungshilfen/Verpackungskisten, Holzkämme für Fensterbau-Elemente und Produkte für die Landwirtschaftsindustrie, produziert die Tischlerei auch für andere Abteilungen innerhalb der obw – z. B. für die Kreativabteilung.
Überwiegend wird in der Tischlerei Fichte, Tanne und Birke verarbeitet – manchmal auch Buche und Eiche. Dazu Sperrholzplatten oder Multiplexplatten. Das Endprodukt bestimmt den Rohstoff. Je nachdem was gebraucht wird, kommt das entsprechende Roh-Material zum Einsatz. Bohlen werden vom Sägewerk zugeschnitten und kommen so zur Tischlerei. Manchmal auch als besäumte Brettware – dann ist die Brettkante bereits von der Borke befreit.
Hand in Hand – die Tischlerei produziert für andere Abteilungen im Unternehmen
Vielleicht kennst du unsere Kreativabteilung schon von einem Blogbeitrag aus 2021? Alle „Holz-Rohlinge“, die in der Kreativabteilung weiterverarbeitet, künstlerisch gestaltet werden, erleben „ihre Geburt“ in der Tischlerei: Aus einem Stück Holz wird ein Fisch, ein Herz, eine dünne Holzpostkarte oder einfach auch erst einmal nur ein Brett(chen).
Wenn das Produkt dann später unsere Kreativabteilung verlässt, findest du wunderschöne, liebevoll gestaltete Dekorationsartikel für Haus und Garten in unseren middenmang-Läden in Greetsiel und Leer. Dort kann man die Ergebnisse kaufen.
Auch das „Drumherum“ der Tischlerei macht es aus – was dem Team Zugehörigkeit, Struktur und Wertschätzung vermittelt
Klaas Röttger sagt, das Wichtigste, was man mitbringen muss, um in der Tischlerei als Mitarbeiter*in arbeiten zu können, sei Interesse. Alles andere findet sich, ist plan- und steuerbar: durch die passende Aufgabe, die richtige Anleitung, Ansprache und Bezugspersonen. Als Selbstverständlichkeit betrachten wird es, in unseren Werkstätten auch Vorrichtungen für die jeweiligen Arbeitsplätze zu bauen – d. h. der Arbeitsplatz ist individuell gestaltet, entsprechend der individuellen Bedürfnisse.
Ein Beispiel: Kann eine Arbeit aufgrund einer Beeinträchtigung (z.B. Spastik) nicht mit der rechten Hand ausgeführt werden, wird die Apparatur so umgebaut, dass der Arbeitsschritt auch mit der linken Hand möglich ist.
Experten für angepasste Arbeit.
Für Klaas Röttger hat die „neue“ Tischlerei nicht nur den Vorteil, dass diese zukunftsorientiert geplant und ausgestattet wurde. Er sieht auch, welche Auswirkungen dieser moderne Arbeitsplatz hat und spricht von Wohlfühlatmosphäre.
Im Gebäude der Tischlerei findet sich für das Team auch ein Speisesaal. Das Frühstück bringt jede/r selbst mit. Die beliebten belegten Brötchen, die Mitarbeiter*innen vor Ort selbst herstellen, werden zum gegeben Zeitpunkt wieder im Programm aufgenommen. Das Mittagessen kommt „auf Rädern“ und wird für alle, die in der Verpflegung angemeldet sind, dort ausgegeben. Ein Mittagessen von zuhause kann natürlich auch mitgebracht werden.
Man trifft sich in den Pausen – in „Corona-Zeiten“ – natürlich mit Abstand. Das ganze Team kommt hier zusammen. Es sind im Moment die einzigen Zusammenkünfte außerhalb der Arbeitszeit. Gerne erinnern sich alle an Tagesausflüge z. B. in den Freizeitpark, an Tischtennis- oder Kicker-Turniere und hoffen, dass das bald wieder unbeschwert möglich sein wird. Das hoffen und wünschen wir uns sicherlich alle!
Hat dir der kleine Einblick in unsere obw-Tischlerei gefallen? Wenn du dich für einen Blick „hinter die Kulissen“ auch in anderen Bereichen der obw interessierst, dann verfolge gerne unsere Blogbeiträge.