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27. Januar 2023

Maurice‘ Weg von Ruanda über ein FSJ und eine Ausbildung zur Arbeitsstelle in der CNC

Maurice‘ Weg von Ruanda über ein FSJ und eine Ausbildung zur Arbeitsstelle in der CNC

Maurice Tuyishime – ein internationales FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) führte ihn nach Emden und seine Interessen und Fähigkeiten zu einem Ausbildungsplatz bei der obw. Inzwischen hat er seine Ausbildung erfolgreich absolviert. Darum haben wir uns mit Maurice zusammengesetzt und möchten euch nun ihn und seine Geschichte vorstellen. 


Mitte 20, talentiert, motiviert und zielstrebig – das ist Maurice Tuyishime. Vor Kurzem hat er bei der obw im Bereich CNC (Computerized Numerical Control = Programmierung und Steuerung von Anlagen/Werkzeugmaschinen) eine Ausbildung absolviert.

Was einigen vielleicht nicht bewusst ist: Die obw bietet als anerkannte WfbM (Werkstatt für behinderte Menschen) auch Ausbildungsplätze für Menschen ohne Beeinträchtigung in ganz verschiedenen Bereichen an. So gibt es zum Beispiel Ausbildungsplätze in der Verwaltung als Kauffrau/-mann für Büromanagement oder in der Gastronomie (Küche, Restaurant, Veranstaltungen) in unserem Café & Restaurant „Henri’s“ oder eben auch in einem technischen Bereich. Hier bilden wir Zerspanungsmechaniker aus.

Nicht nur als Zerspanungsmechaniker ist eine Ausbildung bei der obw möglich.

Da die Ausbildungsplätze manchmal schon frühzeitig vergeben sind, werben wir häufig gar nicht großartig dafür. Wie das kommt? Einige unserer Auszubildenden kennen wir bereits aus ihrem FSJ. Ihnen gefällt dann oft das berufliche Umfeld bei uns, sodass sie sich für einen der jährlich zu Verfügung stehenden Ausbildungsplätze bewerben. Auf diesem Weg kam auch Maurice zu seinem Ausbildungsplatz bei der obw. Doch der Reihe nach …

Von Ruanda nach Emden

Für 2019 bewarb sich Maurice im Rahmen eines internationalen FSJ bei der obw und kam über diesen Weg im März 2019 nach Emden. Über 6.000 km Entfernung sind es von seiner Heimat Ruanda im Osten Afrikas. Über sieben Stunden Flugzeit liegen zwischen der alten Heimat und dem neuen Zuhause in Emden.

Bereits im FSJ war Maurice im Werkstattbereich der CNC Fertigung eingesetzt. Hier traf er auf die Menschen, die durch ihren Werkstattarbeitsplatz Teilhabe am Arbeitsleben erfahren. Maurice übernahm Aufgaben, die im FSJ typisch sind: Menschen unterstützen, Hilfestellung leisten und sich dabei selbst ausprobieren. Herausfinden, was einem liegt und in welchem Bereich die eigene berufliche Zukunft angesiedelt sein könnte.

Dank seines Talents und seiner Art war schnell klar, dass Maurice ein Ausbildungsplatz bei der obw angeboten wird.

Das besondere Umfeld, das Arbeiten in einem inklusiven Team, gefiel Maurice sehr gut. Auf der einen Seite unterstützen, auf der anderen Seite selbst dazulernen. Und den Fachkräften gefiel es, wie gut sich Maurice ins Team einfügte und mit welchem technischen und handwerklichen Verstand er sich an die Aufgaben machte. Deshalb war den verantwortlichen Fachkräften schnell klar, dass sie Maurice nach Abschluss des internationalen FSJ einen Ausbildungsplatz anbieten wollten. Jens Saueressig, Maurices Ausbilder:

„Gute Leute können wir nicht gehen lassen. Wir haben gefühlt und gesehen: Das ist seine Berufung hier. Maurice hat praktisches Talent und hat relativ schnell selbstständig gearbeitet.“

Chance erkannt und Ausbildung gestartet

Seit August 2020 ist Maurice nun Auszubildender. Sein Ziel ist der IHK Abschluss „Zerspanungstechniker – Fachrichtung Fräsmaschinensysteme“. Das ist eine von drei Spezialrichtungen aus der Dreh- und Fräsmaschinentechnik. Maurice saugt förmlich alles auf, was für ihn neu ist. Er möchte: „Lernen, lernen, lernen“.  Das fällt ihm leicht und er bringt beste Voraussetzungen dafür mit: Zuhause in Ruanda hat er sein Abitur gemacht und sich später mit Programmieren und Elektronik auseinandergesetzt. Dadurch hat er bereits viel Erfahrung und ein gutes Verständnis für das Metier. Beste Voraussetzungen für seine Ausbildung, die er inzwischen erfolgreich beendet hat.

Jens Saueressig freut sich sehr, wie sich Maurice entwickelt hat und die Aufgaben angeht: „Er kann immer neue, komplexere Sachen bauen und macht sich die richtigen Gedanken: Wie fertige ich was? Wie fertige ich vor? Wie komme ich ans Ziel?“

Maurice bedient in seiner Ausbildung bei der obw aufwändige Gerätschaften

Seit mittlerweile zehn Jahren bildet die obw Zerspanungsmechaniker aus. Anfangs waren es alle zwei Jahre ein/e Auszubildende*r. Inzwischen haben wir mehrere Auszubildende in unterschiedlichen Ausbildungsjahren.

Wie lief es eigentlich in der Berufsschule?

Auf diese Frage antwortet Maurice: „Das lief!“  und erzählt, dass die Klasse klein war – nur sechs Azubis. Die Nachfrage nach dieser Ausbildung in unserer Region scheint gering. Der Bedarf heute und in Zukunft ist jedoch groß, wie wir von Jens Saueressig erfahren. Ein Problem, das viele handwerkliche und technische Berufe und Branchen betrifft.

Die sprachliche Barriere war Maurices einziges Problem. Obwohl er gut Deutsch spricht – schon im FSJ hat er zweimal pro Woche einen Sprachkurs besucht und mit B1 (Sprachniveau) abgeschlossen – sind es die technischen Fachbegriffe, die er in die neue Sprache integrieren und verstehen musste.

Maurice ist sehr froh, dass er mit seinem Kollegen Jan-Niklas Bedenski, mit dem er bei der obw seine Ausbildung absolviert hat, auch gemeinsam die Berufsschule besuchte. Von ihm erhielt Maurice sprachliche Unterstützung.

Das gesamte profitiert von ihrer fachlichen Kompetenz. So haben beide beispielsweise auch Hilfsvorrichtungen gefertigt, welche es den Menschen mit Beeinträchtigung im Team ermöglicht, diverse Aufgaben auszuführen bzw. Bau- und Rohteile zu spannen.

Wie lebt es sich in Emden?

„Emden ist eine kleine Stadt. Aber man findet hier alles. Das Leben hier ist gut. Die meisten Menschen sind nett. Ich weiß, dass es überall auf der Welt Rassismus gibt. Ich habe das hier aber noch nicht erlebt.“ , so Maurice. Nur eins stört ihn: Im Winter ist es ihm in Emden zu kalt, verglichen mit Ruanda. Dort sind es ganzjährig 16 bis 26 Grad, erzählt er.

Laut Maurice lebt es sich in Emden gut, vor allem wie hier im Bild im Sommer. Im Winter wird es ihm zu kalt.

Auf die Frage, ob er irgendetwas vermisst in Ostfriesland, meint Maurice: „Jeder vermisst sein Zuhause. Ich habe Glück und kann einmal im Jahr nach Hause fliegen.“ Spätestens dann gibt es „Fufu“ – ein afrikanisches Gericht aus der Maniokwurzel. Das ist etwas was Maurice kulinarisch vermisst, aber sonst schmeckt ihm hier in Emden nicht nur die Ausbildung, sondern auch das Essen sehr gut!

Wie geht es nach der Ausbildung bei der obw weiter?

„Wir sind begeistert, dass uns Maurice und Jan-Niklas auch nach ihrer Ausbildung mit ihrer hochmotivierten Einstellung erhalten bleiben“ so Ausbilder Jens Saueressig. „Mit ihrem Engagement und ihrer Professionalität leisten sie einen wertvollen Beitrag in unserer täglichen Arbeit.“

Lieber Maurice,

wir danken dir für deine Bereitschaft, uns deine interessante Geschichte zu erzählen. Als Auszubildender bist du ein wertvolles Teammitglied – mit dem Herzen am rechten Fleck und einem Selbstverständnis für Teilhabe, Integration und Inklusion. Du liebst und lebst deine Aufgaben. Du lernst bei uns – und wir lernen auch viel von dir! Dafür ein großes Lob & herzliches Dankeschön!