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7. Februar 2023

Elternassistenz: damit Unmögliches möglich wird

Elternassistenz: damit Unmögliches möglich wird

Wenn Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung ein Kind bekommen oder Eltern körperlich beeinträchtigt werden, ist es keine Seltenheit, dass sie Unterstützung benötigen. Aufgrund der hohen Nachfrage danach, haben wir unser Angebot um die Elternassistenz erweitert. Hier erfährst du mehr dazu.


Assistenzangebote der obw findet man seit vielen Jahren in verschiedenen Bereichen und für Menschen in ganz unterschiedlichen Alters- und Lebenssituationen wie z. B. für Kinder/Jugendliche (Kitassistenz, Schulassistenz, Schulbegleitung und Schulkind Betreuung), für körperlich beeinträchtige Menschen im Berufsalltag (Arbeitsassistenz) und für beeinträchtigte Erwachsene, die Assistenzangebote im Rahmen ihrer Freizeitgestaltung (Freizeitassistenz) suchen bzw. eine begleitete Urlaubsreise in der Gruppe unternehmen möchten.

Heute wollen wir dir unser jüngstes Angebot vorstellen: die „Elternassistenz“. Es ergänzt unsere Assistenzleistungen für Erwachsene und richtet sich an Mütter oder Väter mit einer körperlichen Beeinträchtigung. Dabei ist die Unterstützung vielfältig und individuell, um körperliche Einschränkungen durch die Assistenz passend zu kompensieren.

Das Angebot der Elternassistenz wurde von uns entwickelt, um die vorhandenen Bedarfe und die aktuelle Nachfrage zu bedienen. Es ist eine Ergänzung zu unseren bisherigen Angeboten und das Wichtigste: es ermöglicht Teilhabe auf vielfältige Weise – u. a. soziale Teilhabe für die ganze Familie!

Wenn du unseren Blogartikel zur Arbeitsassistenz gelesen hast, kannst du dir schon ganz gut vorstellen, was Elternassistenz sein könnte. Es geht im Prinzip um ähnliche Assistenzleistungen, allerdings nicht im beruflichen, sondern im familiären Umfeld.

Wie Elternassistenz Müttern und Vätern mit Beeinträchtigung helfen kann

Elternassistenz ist Unterstützung im alltäglichen Familienleben, damit Unmögliches möglich wird. Elternassistenz bedeutet nicht die Übernahme von Erziehungsaufgaben!

Damit du dir das bildlich noch besser vorstellen kannst, haben wir hier eine Beispiel-Familie, die wir dir gerne vorstellen: Familie Müller.

Mutter Anja ist voll berufstätig, Vater Michael arbeitet in Teilzeit von zuhause aus. Michael ist aufgrund einer fortschreitenden Muskelerkrankung auf seinen Rollstuhl angewiesen. Die Erziehungsarbeit teilen sich beide Elternteile. Da Michael aufgrund seiner beruflichen Situation mehr Zeit mit seinen Töchtern Lisa (7) und Marie (10) verbringen kann, kümmert er sich um die Mädchen, wenn sie von der Schule nach Hause kommen.

Die Elternassistenz kann bei der Umsetzung von Erziehungsmaßnahmen helfen und wie hier zum Beispiel bei Haushaltsaufgaben zur Hand gehen, wo es das Elternteil es aufgrund der Beeinträchtigung nicht schafft.

Es gibt ein gemeinsames Mittagessen. Michael unterstützt die Mädchen bei Fragen zu den Hausaufgaben. Die freien Nachmittage während der Woche verbringt Michael zeitweise auch mit Lisa und Marie. Er ist dann das Elternteil, dass begleitet und dabei ist, da die beiden in einem Alter sind, in dem sie einige Dinge noch nicht eigenständig unternehmen können. Sie sind auf Organisation, Hilfe und Schutz von Mutter oder Vater angewiesen.

Was für einen gesunden Menschen normal“ ist, kann für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung zur Herausforderung werden, und muss unter Umständen gut geplant werden. Ohne fremde Hilfe und Unterstützung wäre vieles nicht möglich – z. B. die Kinder zum Sport wie Fußball, Ballett oder Reitunterricht zu begleiten.

Mögliche Herausforderung: Barrieren überwinden.

Barrieren gibt es viele: für Gehbehinderte, für Menschen, die im Rollstuhl sitzen, für erblindete Menschen … Auch wenn das Bewusstsein in unserer Gesellschaft für Barrierefreiheit in den letzten Jahren gewachsen ist, denn für viele öffentliche Bereiche, die neugestaltet werden, müssen diesbezüglich Auflagen berücksichtigt werden.

Aber Barrierefreiheit ist nicht überall möglich. So braucht es z. B. Hilfe, den Rollstuhl im schwierigen Gelände – im Fall Familie Müller zum Beispiel der Weg zur Pferdekoppel – zu schieben, damit Barrieren überwunden werden können.

Die Assistenz hilft, wo es nötig ist. Auch, wenn zum Beispiel das Hobby mit schwierigem Gelände verbunden ist.

Wer kann Familie Müller bzw. dem Vater Michael helfen? Lisa und Marie sind zu klein. Es ist auch nicht ihre die Aufgabe, sich um die Mobilität ihres Vaters zu kümmern. Michael trägt als Vater die Verantwortung für seine Mädchen und hat die elterliche Aufsichtspflicht für die beiden, wenn er alleine mit ihnen unterwegs ist. Wie wird er der Situation gerecht? Wer kann entlasten, damit die Situation nicht belastet?

Soll Michael Freunde oder Familie fragen? Das ist für ihn nicht die Lösung. Erstens arbeiten die meisten die er kennt, zu den Zeiten, in denen er Unterstützung benötigt. Zweitens ist es ihm unangenehm, „Servicedienste“ von Freunden und Verwandten regelmäßig in Anspruch zu nehmen.

Eine Lösung, die für viele betroffene Mütter und Väter sehr gute Unterstützung, mehr gestalterische Möglichkeiten, Verlässlichkeit und Zuversicht gibt, ist unsere Elternassistenz.

Eine neutrale Serviceassistenzlösung – mit gutem Gefühl und klaren Grenzen!

Wer selbst betroffen ist, dem fallen sicherlich zahlreiche Situationen ein, wo und wie Elternassistenz unterstützt – oder unterstützen könnte. Nicht nur bei der Aufsicht der Kinder, sondern auch bei der Erziehung können Hürden durch eine körperliche Beeinträchtigung entstehen. Die Elternassistenz unterstützt bei der Überwindung dieser Hürden, aber nicht bei der Erziehung selbst.

Am Beispiel von Familie Müller könnten die Situation wie folgt aussehen:

Problem: Bei Marie beginnt schon früh die vorpubertäre Phase – sie zieht sich über eine Leiter auf den Dachboden zurück, setzt ihre Kopfhörer auf und schmollt – wohl wissend, dass sie ihrem Vater so aus dem Weg gehen kann.

Mütter und Väter mit einer körperlichen Behinderung brauchen manchmal Unterstützung, wenn die Kinder aufgrund von Hürden nicht erreichbar sind. Hier hilft die Elternassistenz.

Unterstützungsansatz: Unsere Assistenz würde die Treppe hochgehen und Marie dazu bewegen, nach unten zu ihrem Vater zu gehen. Das anschließende Gespräch ist Sache zwischen Vater und Tochter – unsere Assistenz hält sich raus.

Problem: Die jüngere Lisa soll kindgerecht Verantwortung im Familienhaushalt übernehmen und den Tisch decken – Vater Michael kann ihr dabei aufgrund seiner Bewegungseinschränkung nicht zur Hand gehen.

Unterstützungsansatz: Michael erklärt was zu tun ist, unsere Assistenz hilft Lisa dabei, Teller, Besteck und Gläser aus dem Schrank zu nehmen und zu platzieren.

Wie wird man Elternsassistenz?

Wie eingangs erwähnt, ist dieses Angebot aufgrund der Nachfrage entstanden. Es gibt immer Bedarf an Menschen, die Müttern und Vätern mit einer körperlichen Beeinträchtigung assistieren.  Kennst du jemanden, der gerne einer sinnvollen Tätigkeit in Teilzeit im familiären Umfeld nachgehen möchte? Dann wäre die Beschäftigung als Elternassistenz vielleicht die richtige Aufgabe!

Soziale Teilhabe dank Freizeitassistenz

Unsere Elternassistenzen sind Quereinsteiger. Das sollte man mitbringen:

  • Die Fähigkeit sich auf eine andere Person (Mutter oder Vater mit Beeinträchtigung) und deren Assistenzwünsche einzulassen bzw. diese zu erkennen
  • Freude an der Arbeit in der Familie und mit Kindern
  • Die Fähigkeit zu erkennen, wann Assistenz gefragt ist und wann Zurückhaltung und dem entsprechend unaufdringlich zu handeln ist (keine Erziehungsratschläge geben und dennoch offen mit allen Sinnen die Situationen zu erfassen)

Gelingt es, die Elternassistenz als das zu begreifen, was sie ist und mit Feingefühl zur richtigen Zeit, die richtige Interaktion zu nutzen, dann leistet man einen sehr wertvollen Beitrag für die Familien. Es kann eine sehr große Bereicherung für beiden Seiten sein – für die ganze Familie und genauso für die Elternassistenz.

Für weitere Informationen – sowohl für Leistungsberechtigte als auch für Interessent*innen, die sich vorstellen können als Elternassistenz oder in anderen Assistenz-Bereichen zu arbeiten, steht Herr Oliver Sellere (Teilhabeleiter Assistenz/Freizeit) unter Tel. 04921 – 94 88 402 oder per E-Mail: o.sellere@obw-emden.de zur Verfügung.